Zunehmend sind Obdachloseneinrichtungen mit hilfesuchenden Migranten
konfrontiert.
Eine
Umfrage im Auftrag der Katholischen Arbeitsgemeinschaft
Wohnungslosenhilfe (KAG- W) unter ihren Mitgliedseinrichtungen gibt
jetzt erstmals Auskunft über die Dimensionen des Problems. Danach liegt
der Anteil der Migranten an der Gesamtklientel bei knapp 12 Prozent.
Anders als in der Vergangenheit sind neben Großstädten inzwischen auch
kleinere Orte betroffen. Mit 64,9 Prozent bilden Bürger aus
Nicht-EU-Staaten die größte Gruppe der hilfesuchenden Migranten. Es
sind vor allem Asylberechtigte und Kontingentflüchtlinge, die in die
Einrichtungen kommen. Überraschend groß ist der Anteil der
Flüchtlinge ohne gesicherten Aufenthaltsstatus (14,8 Prozent), obwohl
diesem Personenkreis nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht geholfen
werden darf. Der größte Zuwachs ist allerdings bei den Menschen ohne
jeglichen Aufenthaltsstatus zu beobachten. Ihr Anteil beträgt
mittlerweile 34 Prozent. Hauptanlaufstellen sind Tagesstätten (16,5
Prozent) und Übernachtungsangebote (17,4 Prozent). »Die Verteilung auf
die Einrichtungen zeigt, daß die Gruppen vor allem in
niedrigschwelligen Einrichtungen auftauchen. Hier erhoffen sie sich
Hilfe, ohne rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen«, sagt
Stefan Kunz, einer der Autoren der Studie. Denn viele der Betroffenen
hätten eine sofortige Abschiebung zu befürchten. Als Hauptursachen
für die Zunahme ermittelten die Forscher finanzielle Probleme und
Wohnungsverlust. Um eine Verbesserung der Situation dieser besonders
rechtlosen Klientel herbeizuführen, verlangen die Verfasser des Papiers
eine engere Kooperation der Wohnungslosenhilfe mit
Schuldnerberatungsstellen, Sozialhilfeträgern und
Migrationsfachdiensten. Denn die Einrichtungsmitarbeiter stehen den
Anforderungen häufig völlig hilflos gegenüber. Mangelnde Kenntnisse
der rechtlichen Situation und fehlende Sprachkenntnisse werden in der
Erhebung dafür als Gründe genannt.
Die KAG-W-Erhebung hat jedoch nur bedingte Aussagekraft, da man von
einer hohen Dunkelziffer ausgehen muß. Nur 55 der insgesamt 108
Einrichtungen machten überhaupt verwertbare Angaben. Der Grund:
Zahlreiche Einrichtungen sind von Behörden direkt angewiesen worden,
Migranten von Hilfen auszuschließen und hielten sich entsprechend
bedeckt.
Christian Linde
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